Gendersprache

 

«Gibt es dann ein richtiges Gendern?» Die wirre Armut der gender-ideologischen Sprachpraxis

Jetzt ist es wieder Zeit für ein bisschen Amüsement.

Was passiert in der Praxis des Genderns? Ich habe schon E-Mails von meiner Universität empfangen, in denen z.B. geschrieben wird «für jeden Studierenden» und «von jedem Studierenden». Offenbar darf die Sprache durch die falsche Verwendung des Präsenspartizips verarmt werden, und das Wort «Studierender» wird… ein neues generisches Maskulinum / maskulines Generikum! (Ja, schauen Sie mal gut hin: «für jeden Studierenden». Dann kann man es doch auch ‹Studenten› sein lassen, was korrekt, und keine krumme Verwendung eines Präsenspartizips ist.)

Man weiß nicht, ob man lachen oder weinen soll. Eher weinen, denn solche Dummheit lese ich in Mitteilungen von einer deutschen Elite-Universität. (Schön ist auch die nicht-konsequente Genderei, z.B. wenn Universitätspersonal spricht über «Studierende und Mitarbeiter». Ja, das alles kommt vor.)

Das alles ist ein klarer Beweis dafür, wie künstlich, wie gegennatürlich das Gendern ist.

Wenn aber auch öffentlich führende Befürworter des Genderns sich in ihren eigenen Bestrebungen verheddern, wird es noch amüsanter.

Auch eine «Genderlinguistin» wie Prof. Nübling in Frankfurt spricht von «viele[n] von den Unterzeichnenden» des Online-Aufrufs https://www.linguistik-vs-gendern.de, mit dem Präsenspartizip als vermeintlich ‹gendergerechter› Alternative, um angstfällig und verkrampft ein übliches Generikum (hier: Unterzeichner) zu vermeiden. Als ob die Unterzeichner «Unterzeichnende» sind, d.h. noch immer dabei sind, zu unterzeichnen.

Diejenigen, die das Präsenspartizip auf diese uneigentliche Weise verwenden, wissen also nicht gut, was sie tun. Auch jene ‹germanistische Linguistin› und ‹Expertin für Genderlinguistik› nicht. (Lesen Sie auch den Artikel von Peter Eisenberg, «Weder geschlechtergerecht noch gendersensibel» unter ‹Substantivierte Partizipien›.)

Höchstens kann man sagen, dass mit dieser krummen Gendersprache der neue Soziolekt einer sich von anderen Menschen abhebenden, pseudo-gebildeten Möchtegern-Elite oder die Sprache einer neuen Sekte entsteht. Diese basiert zwar auf dem Deutschen, aber zerstört grundsätzliche Strukturelemente der deutschen Standardsprache.

Wie Jens Peter Paul, ehemaliger Zeitungsredakteur und Politischer Korrespondent für den Hessischen Rundfunk in Bonn und Berlin, in Cicero Online schreibt:

Tatsache ist: Die Genderei funktioniert nicht. Sie selbst nicht und die Verleumdung jeder Kritik als Auswuchs eines „Feindbilds der extremen Rechten“ erst recht nicht. Selbst die verbissensten Kampfgenderer scheitern im Alltag an der Umsetzung ihrer Ideologie, weil eine Radfahrende, die soeben von einem Lastwagen überfahren wurde, keine solche mehr ist, sondern tot.

(Übrigens, nicht nur Paul und ich sehen die Sache so. Auch wenigstens ein weiblicher Professor für deutsche Sprachwissenschaft, Prof. Dr. Katerina Stathi in Münster, hat sich gegen diese grammatische Verarmung in der Verwendung des Präsenspartizips ausgesprochen.)

Prof. Nübling schießt einen weiteren Bock, wenn sie im selben Satz sagt: «Unter den Unterzeichnenden sind auch viele Emeriti und Pensionierte». Sie will ängstlich das männliche Generikum ‹Unterzeichner› vermeiden, aber sieht nicht ein, dass im Latein es auch im Plural einen Unterschied zwischen männlich und weiblich gibt: «Emeriti» ist nämlich männlich (weiblich wäre ‹Emeritae›). Vielleicht meint sie, als ‹germanistische Linguistin› dies nicht wissen zu müssen? Lächerlich ist es schon.

Das Gendern ist, im Grunde genommen, eine vollkommen negative Sache: Eine etablierte Praxis, woran nichts auszusetzen ist (nämlich solche inklusiven Generika, die grammatisch maskulin sind), wird abgelehnt, aber eine sinnvolle, effiziente, dem angeblichen Ziel gerechte Alternative wird von den Genderaktivisten nicht angeboten. – Ich gehe davon aus, dass das Ziel die Geschlechtsneutralität ist. Alles Andere wäre nämlich sexistisch und ungut. Das Generikum ist hierzu perfekt geeignet. Man muss es nur erkennen.

Man kann auch, kurz zusammenfassend, sagen, dass das Getue mit Gendersprache nicht funktioniert, weil seine Ausgangsgedanken grundsätzlich falsch sind. Und zwar in mehr als einer Hinsicht: sozial, politisch, und vor allem linguistisch, wie wir auf den vorherigen Seiten gesehen haben.

Und was tun in die Enge getriebene Gendersprech-Befürworter, wenn sie ihre Forderungen nicht mehr mittels Fakten und / oder rationaler Argumente verteidigen können? Wie Jens Peter Paul erwähnt (oben zitiert): es werden Nebelkerzen geworfen, mit welchen die Befürworter ihre eigenen Denkfehler vertuschen, und zwar in Form von versuchten persönlichen Diskreditierungen und saloppen Beschimpfungen. Soll man lachen oder weinen?

Um auf die Frage im Titel dieser Seite zurückzukehren («Gibt es dann ein richtiges Gendern?»): Nein. Dies sollte inzwischen ausreichend klar geworden sein.

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