Gendersprache

 

«Gendergerechte Sprache»: einleitende Bemerkungen



„Sobald du eine Gruppe von Ideen als immun gegen Kritik, Satire, Spott oder Verachtung erklärst, dann wird die Freiheit des Denkens unmöglich.“ (Salman Rushdie)


Bitte beachten Sie auch die Übersicht der Kapitel in der linken Spalte.

Abschnitte auf dieser Seite:

In den letzten Jahren ist die so genannte «gendergerechte» oder «gendersensible» Sprache ein politisches Dauerthema geworden (obwohl sie schon in der Bezeichnung, wie wir sehen werden, irreführend ist, denn sie ist weder gerecht noch sensibel). Die Befürworter meinen, dass die Verwendung einer solchen Sprache (auch «das Gendern» und «Gendersprache» genannt) zu einer gerechteren Gesellschaft führt, d.h. in diesem Fall zu einer Gesellschaft, in der die soziale Stellung von Frauen eine günstigere wird, als sie es bisher war.

Meines Erachtens ist es gesellschaftlich wichtig, dass wir alle wissen, was es bedeutet, wenn wir gendern oder nicht gendern.

In der öffentlichen Debatte wird die Wissenschaft viel zu Rate gezogen. Ich bin ein Wissenschaftler, der zweisprachig aufgewachsen ist, seitdem noch sechzehn andere Sprachen gelernt hat und einige davon beruflich unterrichtet. Ich muss feststellen, dass in der Debatte um ‹die Genderei› von den Befürwortern des Genderns allzu oft etwas als ‹wissenschaftlich› bezeichnet wird, wo dies gar nicht der Fall ist. Eher muss die Rede sein von Pseudo-Wissenschaft, Taschenspielertricks, übler Subjektivität und rückwärtsgewandter Politik. Auf diesen Seiten wird diese Anti-Wissenschaftlichkeit mithilfe einfacher Tatsachen auf einfache Weise erklärt.

Offenbar ist es nötig, klarzustellen, was Wissenschaft (und auch: hohe Qualität in der Wissenschaft) eigentlich bedeutet und wie man sie erkennt; und auch, wie man politische Taschenspieler und wissenschaftliche Betrüger erkennt.

Diese Webseiten sind vor allem für meine Studenten und Kollegen gedacht. Ich möchte aber gerne, dass auch Leser aus der breiten Öffentlichkeit mitlesen und mitdenken. Deshalb verzichte ich auf ‹deutschen Professorenstil› in meiner Sprache. (Eigentlich sollten alle dies immer tun. Ich will also von niemandem hören, dass mein Schreibstil ‹eines Wissenschaftlers unwürdig› oder so was sei.) Ich verwende dabei die Möglichkeiten der Hypertext-Technologie mit Verknüpfungen zwischen Seiten, damit meine Leser schnell Zusammenhänge zwischen den Gedanken nachvollziehen können.

Auf diesen Webseiten wird einiges an Argumenten und Gegenargumenten zum Thema ‹Gendern› zusammengetragen und analysiert.

Hierunter und auf den folgenden Seiten werde ich verschiedene Aspekte der Sache in Detail behandeln. Eine Liste der Kapitel sehen Sie in der linken Spalte dieser Seite. Aber ich möchte schon einige wichtige Punkte vorwegnehmen:

  1. Erstens: Es gibt keine wissenschaftlichen Beweise dafür, dass die etablierte Standardform der deutschen Sprache ‹diskriminiert› oder ‹frauenfeindlich ist›, wie Genderpropagandisten behaupten. Ganz das Gegenteil ist der Fall, wie wir sehen werden. So haben in einer Online-Petition schon mehr als tausend (1000) Sprach- und Literaturwissenschaftler und mehr als 5000 andere mehrheitlich akademisch gebildete, mit Sprache arbeitende Personen sich gegen die Verwendung von Gendersprache im öffentlich-rechtlichen Rundfunk ausgesprochen (Stand: 21.3.2024).
  2. Die ‹Gendersprache› ist eine unrealistische Lösung für ein künstlich kreiertes Problem, das auf sehr mangelhaftem Wissen und irrationalem Hass basiert. (Wer z.B. behauptet, dass die Verwendung des sog. ‹generischen Maskulinums› Frauen benachteiligt, kennt die Bedeutung des Wortes ‹generisch› nicht.) Anstatt ein echtes Problem zu lösen, kreiert sie weitere, unnötige Probleme.
  3. Wenn man sich in Sprachen auskennt und weiß, wie Sprachen funktionieren, dann erkennt man den Gendersprache-Aktivismus als eine eigentlich sehr skurrile Sache. Auf der Seite über linguistischen Determinismus (die bizarre Vorstellung, dass ‹Sprache unser Denken bestimmt›) und anderswo werden wir einige Denkfehler besprechen. Auf der Seite über Wissenschaft werden wir Beispiele von kuriosen Wissenschaftlern sehen, die diese Skurrilität ernsthaft befürworten, und wie solche Personen komische Sprünge machen, wenn sie ertappt und kritisiert werden.
  4. Wenn es keine objektive, auf sprachlichen Tatsachen basierte Rechtfertigung für das Gendern gibt, dann kann es nur eine subjektive geben. Es ist eine Unverschämtheit, wenn irgendwelche Autoritätsträger eine solche Sprache anderen Sprachbenutzern (wie Angestellten, Arbeitnehmern, Studenten) verbindlich aufzwingen wollen. Dann kann von ‹natürlichem Sprachwandel› (eine oft gehörte Behauptung bei den Aktivisten) oder von Respekt für individuelle Rede- und Meinungsfreiheit (d.h. von demokratischem Respekt für den Mitmenschen) wirklich gar keine Rede mehr sein. Schon dieser autoritäre, anti-demokratische Charakter lässt das ganze Genderprojekt sehr bedenklich aussehen.
  5. Eine einfache strukturelle Sprachanalyse zeigt, dass das Gendern Ausdruck einer diskriminierenden, sexistischen Sicht auf die Menschheit ist, die nicht die gleiche Behandlung der Geschlechter beabsichtigt, wie sie behauptet. Als ‹progressiv› kann man so etwas nicht bezeichnen.
  6. Hinter der Praxis des Genderns sollen angeblich gute Absichten und Ziele stehen. Aber diese Ziele lassen sich durch Gendersprache einfach nicht realisieren. Deshalb liegt es auf der Hand, dass die wirklichen Beweggründe für diesen Sprachaktivismus andere als die angeblichen sind, die zynisch ein Streben nach ‹Gerechtigkeit› vortäuschen.
  7. Die Behauptungen der Pro-Gendersprache-Aktivisten sind also aus wissenschaftlicher Sicht falsch, unrealistisch, zum Teil – so müssen wir leider feststellen – einfach verlogen, und sie sind auch noch undemokratisch. Warum wird das Gendern denn überhaupt von gewissen Menschen verbreitet? Um das besser zu verstehen, müssen wir uns fragen, was für ein Menschenbild und was für eine Politik dahinter stecken. Wenn man näher hinschaut, dann sieht man, dass das Gendern (wie Prof. Ralf Vogel geschrieben hat) eine Art von Parteiabzeichen ist, womit man sich zu einer gewissen Art von undemokratischer, bevormundender Politik bekennt.

All diese Punkte werden auf den folgenden Webseiten näher besprochen.

Grundsätzliches: Sprache und Person

Bei Sprache geht es um eine höchst empfindliche Sache. Der Mensch ist ohne Sprache kaum vorstellbar. Nimmt man uns unsere Sprache, dann nimmt man uns einen Teil unseres Menschseins. (Als Kulturwissenschaftler kann ich viel zu diesem Thema sagen1.)

Greift jemand uns nicht auf einer sachlichen, sondern auf einer sprachlichen Ebene an, dann ist das oft ein persönlicher Angriff, der das vollwertige Menschsein des Angegriffenen in Frage stellt und schnell beleidigend und einschüchternd wirkt. (Etwa: «du bist so blöd, du kannst nicht einmal richtig reden. Halt die Klappe und gehorche».) Deshalb sollte man immer mit solchen Angriffen (wenn man sie überhaupt ausspricht) sehr vorsichtig sein und sehr gut wissen, was man tut.

Sprachkritik, auch Kritik an einzelnen Wörtern, kann als gesellschaftliche Waffe eingesetzt werden. – Jetzt möchte ich ein bisschen Autobiografie einbringen und aus meinem eigenen Leben erzählen. Als ausländischer Student entwickelte ich in Heidelberg eine freudevolle und respektvolle Begeisterung für die deutsche Sprache. Diese Begeisterung lebte weiter, als ich an der Universität zu Köln arbeitete. Aber während meiner Zeit an der Universität München stand meine Begeisterung kurz davor, begraben zu werden, denn hier wurden die Sprache und die Sprachkritik als Instrumente der sozialen Ausgrenzung eingesetzt. Dies hat natürlich nichts mit der deutschen Sprache an sich zu tun (denn eine Sprache an sich ist neutral, und in Heidelberg und Köln hatte ich ja nichts Derartiges erlebt), sondern mit einer bestimmten Verwendung der Sprache durch gewisse Personen, mit denen ich leider zu tun hatte. Es ging meinen Kritikern darum, mir unmissverständlich klarzumachen, dass ich bloß ein akademischer Gastarbeiter bin und sozusagen zu einer anderen Kaste gehöre2.

Aber dem unterwerfe ich mich nicht mehr. Die Folge ist: Schluss mit nett. Wer mich jetzt noch wegen meiner Sprache kritisiert, muss wohl sehr gute Gründe dafür haben, sonst sage ich vielleicht etwas zurück.

«Eingriffe in die Sprache – die etwas völlig anderes sind als systemische Eigenveränderungen – sind im Kern totalitär», schreibt der Journalist Ingo Meyer in der Berliner Zeitung3, und er fühlt sich wegen der Gendersprache unangenehm an seine Zeit in der DDR erinnert.

Was wir seit einiger Zeit erleben – in gewissen Fächern an den Universitäten, in Schulen, in Betrieben, in den Medien, z.B. im öffentlichen Rundfunk, in gewissen politischen Parteien –, ist eine ähnliche Ausgrenzung und Druck in sehr viel größerem Ausmaß, als wie ich oben über meine Arbeitsumgebung beschrieb. Dieser Druck wird vorangetrieben durch Personen aus einer gewissen Bevölkerungsgruppe mit einer autoritären Einstellung, mit potentiell weitreichenden Folgen. Ich muss als Hochschullehrer und demokratisch gesonnener Mensch hierzu etwas sagen, auch im Namen der Mehrheit der deutschsprachigen Bevölkerung, die vielleicht nicht so leicht dazu kommt, sich hierzu zu äußern.

Ziele, Mittel und Probleme

Nach meiner Meinung ist es ein gutes Streben, weiblichen Mitgliedern unserer Gesellschaft die richtige Anerkennung für ihre wirklichen, objektiven Leistungen zu bieten. Aber: was hat dies mit Sprache zu tun? Bringt es überhaupt etwas Positives, wenn man in der Sprache, ständig sexualisierend, Weibchen und Männchen separat erwähnt? Eine sprachliche Geschlechter-Apartheid?

Wie auch die germanistische Sprachwissenschaftlerin Dr. Ewa Trutkowski schreibt:

Das ganze Projekt ist also durchweg gut gemeint. Nur leider ist gut gemeint nicht gleich gut, denn die Befürworter des Genderns sitzen einigen Irrtümern und Fehleinschätzungen auf4.

Es gibt einige Schwierigkeiten:

Ein echtes Problem, oder nicht?

Eine erste Schwierigkeit ist, dass das Problem, das die Befürworter der so genannten «gendergerechten Sprache» beseitigen wollen, ein Nicht-Problem ist. Es gab das Problem nämlich gar nicht, bis einige Aktivisten behaupteten, dass es ein Problem gibt. (Der Begriff «feministische Linguistik» an sich ist schon problematisch, wie wir später auf der separaten Webseite zu diesem Begriff sehen werden.) Es ist nämlich überhaupt nicht wahr, dass die deutsche Sprache frauenfeindlich ist, und auch nicht, dass wir durch die übliche, etablierte Verwendung dieser Sprache frauenfeindlich handeln. – Das Problem wurde also kreiert, ist vollkommen künstlich. Auch basiert es auf Unwahrheit, wie schon mehrere Sprachhistoriker und sonstige Sprachwissenschaftler sehr detailliert erklärt haben.

Jetzt ein bisschen Sprachwissenschaft: Das Deutsche ist eine Sprache aus der sogenannten indogermanischen oder indoeuropäischen Sprachfamilie, wie die meisten großen Sprachen, die zwischen Indien im Osten und Island im Westen (und in historisch neuerer Zeit weit darüber hinaus) gesprochen werden. In diesen Sprachen gibt es das eigenartige System der grammatischen Geschlechter: männlich, weiblich, sächlich. Wir werden auf der Webseite zur Sprachgeschichte sehen, dass die Geschlechter auch andere Funktionen haben, als nur auf das biologische Geschlecht von Lebewesen (wie ‹der Hahn› und ‹die Henne›) hinzudeuten. Auch hat das grammatische Geschlecht oft etwas Willkürliches, wenn z.B. ein Wort im Deutschen das eine Geschlecht, aber im benachbarten Niederländischen ein anderes hat (so ist z.B. das deutsche die Zeit, weiblich, auf Niederländisch de tijd, männlich). Auch daran ist an sich nichts ‹Sexistisches› oder ‹Diskriminierendes›.

Nicht nur die meisten sprachwissenschaftlich gebildeten Menschen, sondern auch eine große Mehrheit in der deutschen Bevölkerung lehnt das sogenannte «Gendern» (also: die Verwendung der angeblich ‹gendergerechten› oder ‹gendersensiblen› Sprache) ab. Uns wird also von Gendersprech-Aktivisten ein Problem eingeredet in einem offensichtlichen Versuch, Unzufriedenheit zu kreieren – aber eine deutliche Mehrheit in der Bevölkerung lässt sich nicht so leicht für dumm verkaufen, und das ist gut so. Nur bleiben die meisten still. In der Öffentlichkeit (z.B. in gewissen Medien) könnte der Aktivismus den falschen Eindruck erwecken, dass immer mehr Menschen gendern, oder dass das Gendern allgemein akzeptiert wird.

Weil der Widerstand gegen das Gendern zunimmt, nimmt dieser Gender-Aktivismus immer lautere, zunehmend autoritär-belehrende Züge an. Dies sollte an sich schon ein Hinweis dafür sein, dass etwas an diesem Aktivismus nicht in Ordnung ist.

Als Geschäftsidee ist das Gendern interessant: Man kreiert ein neues Problem, das es vorher nicht gab; dann redet man es anderen Menschen ein und lässt sie glauben, dass es ein echtes Problem ist; und schließlich bietet man sich selbst als Lösung für das neue Problem an (und kann sich auch noch dafür bezahlen lassen. Es kostet Millionen, wie wir auf der Seite über das Gendern und Demokratie lesen werden (und dass das Geld merkwürdig oft bei Mitgliedern derselben politischen Partei ankommt, ist wohl… sagen wir, sehr zufällig).

Die Frage der Gerechtigkeit

Eine zweite Schwierigkeit tritt bei der Frage nach «Gerechtigkeit» in der Sprache auf. Sprache an sich ist nicht gerecht oder ungerecht, sondern ist einfach. Genau wie z.B. ein Messer an sich nicht gut oder schlecht ist und als Küchengerät oder als Mordwaffe eingesetzt werden kann. Sie kann der Kommunikation dienen, dem Zusammenbringen von Menschen, oder auch der Ausgrenzung (siehe oben).

Der indogermanische Sprachwissenschaftler Prof. Dr. Olav Hackstein (von der LMU München) hat sich schon im Jahre 2021 hierzu geäußert in seinem Artikel «Grammatik im Fegefeuer» in der Frankfurter Allgemeine Zeitung:

Die deutsche Grammatik ist weder „gerecht“ noch „ungerecht“ – Gerechtigkeit ist eine ethische Kategorie, die zur Beschreibung grammatischer Strukturen nicht tauglich ist. Dass das generische Maskulinum Frauen (und nichtbinäre Identitäten) „ausschließe“ oder nur „mitmeine“, ist eine Behauptung, die auf einer Fehlinterpretation grammatischer Strukturen basiert.

Mit anderen Worten: Die Behauptung, dass das sogenannte generische Maskulinum (hiermit wird gemeint: das grammatisch männliche Generikum: das Hauptangriffsziel der Genderaktivisten) nicht inklusiv, nicht alle Menschen mit einschließe, ist bloß das: eine Behauptung. Diese Behauptung wird nicht durch die belegte Sprachgeschichte, und auch nicht durch das Sprachempfinden der Mehrheit der deutschsprachigen Bevölkerung bestätigt.

Ähnlich hat sich auch Prof. Dr. Josef Bayer (Universität Konstanz) geäußert in seinem Artikel «Seit wann ist Sprache gerecht?»5:

Sprache wird von Menschen verwendet, aber sie ist nicht in einem irgendwie nachvollziehbaren Sinn von Menschen „gemacht“. Daher kann sie nicht gerecht oder ungerecht sein. Die hartnäckige und unreflektierte Interpretation der maskulinen Formen als männerbevorzugend und damit frauendiskriminierend läuft auf allen Ebenen ins Leere. Eine ernsthafte Auseinandersetzung mit Genus/gender würde anders aussehen.

Oder auch Prof. Dr. Katerina Stathi (WWU Münster) im Artikel «Sprache hat nicht die Funktion, Gerechtigkeit abzubilden»6:

Ich bin selbstverständlich nicht gegen Geschlechtergerechtigkeit. Aber Sprache hat nicht die Funktion, Gerechtigkeit abzubilden, sie kann nicht das Spielfeld dieser Diskussion sein. Ich habe bereits Probleme mit Begriffen wie ,geschlechtergerechte‘ und ,geschlechtersensible Sprache‘. Denn diese Begriffe implizieren – und das sollen sie wohl auch ausdrücklich –, dass diejenigen, die diese Praxis mitmachen, gerecht und sensibel sind.

Das moderne linguistische Standardwerk zum grammatisch männlichen Generikum ist das 2023 erschienene Studien zum genderneutralen Maskulinum von Eckhard Meineke, Professor für Geschichte der deutschen Sprache an der Universität Jena. In seinen Studien erwähnt Meineke, dass die Gendermode bereits vor 40 Jahren  begann, und dass das Paradigma wissenschaftlich schon längst widerlegt worden ist.

Wer die 358 Seiten von Meinekes Buch nicht lesen kann oder will, kann aber auch gratis herunterladen eine Stellungnahme von Stathi, «Gendersprache-Vermeidungsgesetz WDR.
Anhörung des Ausschusses für Kultur und Medien am 2. März 2023.
Schriftliche Stellungnahme»
(nur 20 Seiten; 60 mit Anlagen) von der Webseite des Landstags Nordrhein-Westfalens. (Eine Kurzversion ohne Anlagen finden Sie hier.)

Diejenigen, die an der Praxis des Genderns teilnehmen, sind eben nicht gerecht und nicht sensibel. Sie führen eher eine üble, missratene Show auf. Wenn man die Sache näher untersucht, wird das sehr schnell deutlich.

Wissenschaftlichkeit und demokratischer Gehalt

Hiermit sind wir bei einer dritten Schwierigkeit angekommen: Die Behauptung, dass der bisherige, etablierte Sprachgebrauch ‹ungerecht› ist, ist nicht nur eine anti-historische und unwissenschaftliche Behauptung (siehe oben), sondern auch eine anti-demokratische Behauptung, die (wie wir auf diesen Webseiten gleich sehen werden) nichts für die gute Sache tut, sondern rückschrittlich ist und nur Gegenteiliges bewirken kann, denn: Das fortdauernde sexistische Betonen des Geschlechts von Menschen, wo dies sachlich überhaupt nicht relevant ist, kann nur zu Ungutem in der Gesellschaft führen: die dahintersteckende Mentalität ist nämlich eine der sexistischen Diskriminierung. Das ist nicht progressiv (fortschrittlich), sondern regressiv, rückschrittlich. Man fragt sich, wer von dieser sprachlichen Geschlechtertrennung profitiert (außer den Aktivisten selbst, die zusammen mit dem Problem auch ihre eigene angebliche Wichtigkeit kreiert haben und – ja, auch in sehr konkretem, finanziellem Sinn – davon profitieren).

Es handelt sich beim Genderaktivismus um ein postfaktisches, sozio-politisches Projekt, mit dem man einverstanden sein kann oder nicht, sowohl was das Ziel als auch die Mittel betrifft (diese zwei Sachen muss man getrennt betrachten). Mit Wissenschaft hat es nichts zu tun. Die Sprachwissenschaft kann aber bloßlegen, dass die Argumente, die die Gender-Aktivisten zur Rechtfertigung des Genderns anführen, untauglich sind. Schon mehr als tausend Sprach- und Literaturwissenschaftler und mehr als 5000 andere mehrheitlich akademisch gebildete, mit Sprache arbeitende Personen haben eine Online-Petition gegen das Gendern im öffentlich-rechtlichen Rundfunk unterschrieben (Stand: 21.3.2024).

Der zwanghafte Charakter des Projektes

Eine vierte Schwierigkeit liegt im zwanghaften Charakter des Projektes. In einer offenen, modernen, demokratischen Gesellschaft darf man sich frei zu allen Fragen – vor allem gesellschaftlichen und politischen – äußern und sich zu diesen oder jenen Meinungen bekennen. In Deutschland akzeptiert man dies (wenigstens seit dem Ende der DDR im Osten und des Dritten Reiches im restlichen Teil, also seit einer bez. drei Generationen) als normal und gut.

Der Meinungsfreiheit und der Demokratie wird aber gar nichts Gutes getan, wenn gewisse Personen in Autoritätspositionen andere dazu nötigen, irgendwelche Meinungen anzuhängen und sich dementsprechend zu äußern: z.B. wenn ein Dozent seinen Schülern oder Studenten schlechtere Noten gibt, weil diese sich in Prüfungsarbeiten nicht der angeblich «gendergerechten Sprache» bedienen7. Hierüber hat z.B. eine Gruppe von besorgten Professoren sich neulich in einem langen, gut dokumentierten offenen Brief beschwert. Von ähnlichen Zwängen hört man zunehmend auch aus Betrieben, z.B. in der Publizistik: Zeitschriften, Zeitungen und anderen Medien.

Solche autoritäre Zwänge werden oft mit aggressiven moralisierenden Behauptungen (die schlecht oder einfach gar nicht begründet werden) ‹gerechtfertigt›. Oder die ‹Rechtfertigung› besteht in der einfach falschen Behauptung, dass ‹alle› es doch tun8. Man darf sich auch fragen, ob z.B. diese ‹Empfehlung› und dieses Umschulungsangebot für Studenten von der Frauenbeauftragten meiner Universität nicht schon zu übergriffig sind. (Nach meiner Meinung sind sie das deutlich, und sie sind auch noch erstaunlich schlecht begründet, wie wir in meiner Besprechung sehen werden.)

Eben weil wir noch immer in einer offenen, liberalen, demokratischen Gesellschaft leben, ist es angebracht, über solche propagandistische Intoleranz nachzudenken und sie zu besprechen, damit wir alle besser verstehen, wie wir uns am besten dazu positionieren und damit umgehen. Auch ist es eine Aufgabe für sozial verantwortungsvolle Dozenten jeglicher Art, sich mit solchen Fragen auseinanderzusetzen und dazu Stellung zu nehmen.

Mann sollte den schlichten Mut haben, einfache, demokratische Fragen zu stellen, wie:

Der zunehmend aggressive Aktivismus zur Verbreitung von Gendersprache ist eine Äußerung einer gewissen Mentalität, die eine Bedrohung für die Redefreiheit, für die Meinungsfreiheit, für die intellektuelle Freiheit und letztendlich für die Qualität unserer Demokratie und Gesellschaft darstellt. (Später werden wir uns mit dieser autoritären, irrationalen, illiberalen, grundsätzlich antidemokratischen Mentalität, die die Ursache des Genderns ist, beschäftigen.)

Eine Frage der Terminologie

Als eventuelle fünfte Schwierigkeit könnte man die benutzte Terminologie erwähnen. Das Wort ‹gender› stammt aus dem Englischen und bedeutet ‹Geschlecht›. Genauer gesagt umfasst das deutsche Wort ‹Geschlecht› das gesamte semantische Feld (oder Bedeutungsfeld: den Bereich aller möglichen Bedeutungen) der beiden englischen Wörter ‹gender› und ‹sex›. Sex ist biologisch; gender ist ‹Geschlecht› in übertragenem Sinne, z.B. als ‹grammatisches Geschlecht›.

Wie z.B. das autoritative amerikanische Wörterbuch von Webster sagt: “in most Indo-European languages, and in others, gender is not necessarily correlated with sex”9 – «in den meisten indogermanischen Sprachen, und in anderen, hat gender nicht notwendigerweise einen Bezug zu sex». So auch das britische Wörterbuch von Chambers: “in many languages: a system of dividing nouns and pronouns into different classes, often, but not necessarily, related to the sex of the persons and things denoted” – «in vielen Sprachen ein System der Klassifizierung von Nomina und Pronomina, das oft, aber nicht notwendigerweise, einen Bezug zum Geschlecht der angedeuteten Personen oder Sachen hat». – Merken wir uns diese wichtigen sprachwissenschaftlichen Bemerkungen im Webster und im Chambers. Auf den nächsten beiden Webseiten werden wir auf diese Sache zurückkommen.

Als englischsprachiger Mensch frage ich mich: Warum verwendet man nicht einfach das Wort ‹Geschlecht› in einer Diskussion über die deutsche Sprache? Das Einführen des englischen Wortes trägt nach meiner Meinung nichts zur Deutlichkeit in der Diskussion bei. Eher das Gegenteil: die Diskussion wird verschwommener. Bei mir kommt der Verdacht auf, dass die Befürworter des Genderns genau das wollen. (Das Verb ‹gendern› ist übrigens eine deutsche Neuschöpfung, die im Englischen kein Gegenstück kennt.)

Wie so oft heutzutage scheint auch hier ein englisches Wort nur der Wichtigtuerei zu dienen, wie eine Nebelkerze, hinter welcher man gedankliche Verschwommenheit (und wahrscheinlich auch ungute Absichten) versteckt.

Eine Stimme aus der Vergangenheit

Als sechste Schwierigkeit sollten wir die allgemeine Qualität der öffentlichen Diskussion – sofern man wirklich von einer ‹Diskussion› sprechen kann – erwähnen: die Qualität der Argumente und die Qualität der verwendeten Sprache.

Die heutige Studentengeneration kennt vielleicht den Namen Karl Jaspers (1883-1969) nicht. Der Heidelberger Philosoph war einer der wenigen deutschen Professoren, die sich im Dritten Reich nicht gleichschalten ließen und auch nicht still blieben. Er äußerte sich öffentlich gegen das NS-Regime. Er bekam von den Nazis ein Lehrverbot und Hausarrest (er wurde sozusagen Opfer einer Art von ‹cancel culture›). Wäre Heidelberg nur zwei Wochen später durch die Alliierten von der NS-Herrschaft befreit worden, dann wäre Jaspers mit seiner jüdischen Ehefrau in einem Vernichtungslager ums Leben gekommen.

Jaspers veröffentlichte im Jahre 1931, in einer politisch sehr angespannten Zeit, sein jetzt klassisches kleines Buch Die geistige Situation der Zeit. In diesem Buch sagt er einiges zur Qualität der Sprache in den öffentlichen Debatten seiner Zeit. Im Abschnitt Die moderne Sophistik. Die Sprache der Verschleierung und der Revolte spricht er von der verschleiernden Sprache angeblicher Experten, die ein Urteil aussprechen, das «als inappellabel gelten muß» (d.h. niemand darf daran Kritik üben), und andrerseits von der «revoltierenden Sprache»:

Statt sich in besonnenem Umblick auf ein Ganzes zu richten, sucht sie, das einzelne isolierend, es in radikaler Drastik zu beleuchten. In der Grellheit des einen macht sie blind für das andere. Sie appelliert an alle dunklen Triebe und an höchste ethische Bewertungen, in beliebigem Durcheinander, nur mit dem einen Ziel: die Empörung zu rechtfertigen. Wie die Sprache der rationalen Begründung aus dem allgemeinen Besten Vehikel der Ordnung, so ist die Sprache der isolierenden Auflehnung das der Zerstörung. […] Wo etwa in der Diskussion Zwingendes nicht mehr gesagt werden kann, hilft eine ad hoc herbeigezerrte Pathetik. […] Diese Sophistik schwankt zwischen opportunistischer Geschicklichkeit eigensüchtigen Daseins und vernunftlos sich hineinsteigerndem Affekt hin und her.

Moderner und kürzer gesagt: In der ‹revoltierenden Sprache› wird grell und radikal drastisch ein Anliegen vollkommen einseitig dargestellt, ohne auf den breiten Kontext zu achten. Gewisse Menschen sind nicht dazu fähig, in einer Diskussion rational schlüssige, zwingend gute Argumente zu präsentieren; stattdessen erzeugen sie durch künstliche Dramatik negative Emotionen mit dem einzigem Ziel, Empörung zu rechtfertigen, im Namen einer angeblich hohen Ethik. In Wirklichkeit aber handeln sie nicht konstruktiv, sondern zerstörerisch. – Die Ähnlichkeit dieser zwei Arten von Sprache (sowohl der verschleiernden ‹Expertensprache› als auch der ‹revoltierenden Sprache›) mit der Sprachverwendung heutiger Pro-Gendersprache-Aktivisten ist deutlich.

Um einer möglichen billigen Polemik vorzubeugen: Nein, ich behaupte nicht, dass die Befürworter des Genderns Nazis sind. Es gibt aber am Gendersprache-Aktivismus einige höchst bedenkliche Aspekte, die deutliche Parallelen zeigen zu dem, was Jaspers 1931 beschrieben hat. Allzu oft müssen wir feststellen, dass die Aktivisten keine demokratisch respektvollen Gesprächspartner sind, sondern meinen, für ihre angeblich heiligen Ziele Wahrheit, Realität, logische Rationalität und humanen Respekt gegenüber ihren Mitmenschen von sich schieben zu dürfen. Mit viel Dramatik erzeugen sie dunkle, gehässige Emotionen und missbrauchen manchmal – falls sie diese besitzen – ihre Autoritätspositionen in der Gesellschaft zur Durchführung ihrer Ziele (siehe oben).

Wir werden auf diese dunklen Aspekte des Genderaktivismus u.a. in den Kapiteln über Demokratie und über Wissenschaft zurückkommen müssen.

Auf diesen Webseiten wird besprochen,

Als Sprach- und Kulturwissenschaftler und als Mitmensch in einer demokratischen Gesellschaft füge ich meine eigenen Kommentare hinzu.

Die Wirksamkeit des Genderns

Das ‹Gendern› kann viele verschiedene Formen annehmen, aber alle Formen basieren auf einigen gemeinsamen Gedanken, z.B. dass die Befürworter sich eine soziale Wirkung, die von dieser neuartigen Sprache ausgeht, erhoffen. Hier tun sich sprachwissenschaftliche, sprachgeschichtliche, psychologische, philosophische und politische Fragen auf. Ernsthaft öffentlich diskutiert werden solche Fragen von den Befürwortern nicht. Es bleibt bei aktivistischen Behauptungen mit aggressivem, belehrendem, prüde-moralisierendem Unterton, angeblich unterstützt von Forschungsergebnissen, die wissenschaftlich aber nicht ernst genommen werden können.

Es fällt auf, dass, wenn um eine öffentliche Diskussion zu diesem Thema gebeten wird, die Befürworter praktisch nicht auf solche Fragen eingehen. Sie sind auch meistens keine Sprachwissenschaftler, aber sie sagen etwas Vages und Unhaltbares aus der sogenannten «feministischen Linguistik». Im Übrigen werden Skeptiker und Kritiker moralisch scharf und aggressiv verurteilt – fast als ob wir im Mittelalter sind und jene Skeptiker und Kritiker etwas gegen die Kirche sagen10. Wir erleben die aggressive Ausgrenzung (und manchmal Verfolgung) der Ungläubigen: einen neuen Dogmatismus. Zum Glück bloß mit ‹Shitstorm› anstatt mit Scheiterhaufen.

Dass die Skeptiker und Kritiker in der Regel realistischer, konsequenter und effektiver feministisch als die Befürworter des Genderns sind, wird wegen des Ausbleibens einer ausgewogenen Diskussion nicht klar. Auch aus diesem Grund ist eine rationale Analyse angebracht.

Das Gendern ist nicht progressiv, sondern rückwärtsgewandt

Geht es einem wirklich darum, eine wahrgenommene Benachteiligung von Frauen in der Gesellschaft richtig zu stellen, dann sollte man auch (verantwortungsvoll, anstatt bloß aktionistisch) sich fragen, ob Gendersprache überhaupt Frauen hilft, sich z.B. im beruflichen Umfeld zu beweisen, oder ob es vielleicht eigentlich etwas Reaktionäres und Regressives ist, das die Beseitigung geschlechtlich bestimmter Vorurteile und Ungerechtigkeiten nur erschwert.

In diesem Zusammenhang spricht Sahra Wagenknecht in ihrem Buch, dem Verkaufsschlager Die Selbstgerechten von solchen Aktivisten als nicht wirklich politisch linken Menschen, die sie «Lifestyle-Linke» nennt. Das sind Menschen, die vor allem in den Medien, in Verwaltungsorganen und an Schulen und Universitäten arbeiten und die behaupten, links-progressiv zu sein, aber von ihrer sozialen Stellung und ihrem Agieren her es gar nicht sind: «Sie schauen mit Überheblichkeit auf die Lebenswelt, die Nöte, ja sogar die Sprache jener Menschen herab, die nie eine Universität besuchen konnten», schreibt Wagenknecht. Auch sind solche Leute für die demokratische Ordnung nicht ungefährlich. Wagenknecht gehört wohl zu den prominentesten Kritikern des Genderns, und sie war bis vor kurzem eine der führenden Personen in der politischen Partei Die Linke. Egal was man sonst noch zu ihrer Art der Politik denkt: Wirklich niemand kann ihr vorwerfen, dass sie eine rückwärtsgewandte, reaktionäre politische Persönlichkeit sei. Sie gendert nicht.

Sie ist auch nicht allein.

Der Inhalt dieser Webseiten

Auf diesen Webseiten ist einiges an Argumenten und Gegenargumenten zum Thema ‹Gendern› zusammengetragen, woraus ersichtlich wird, warum ich (als Sprachwissenschaftler, Kulturwissenschaftler, Denker, Mensch) das Gendern ablehne. Auch, warum ich ernsthaft empfehle, dass alle mit Gendern aufhören, denn das Gendern ist

Und, vorbeugend: Falls irgendjemand behaupten möchte, ich sei gegen das Gendern, bloß weil ich ein Mann bin: eine solche dumme Behauptung ist unsachlich und sexistisch. Meine ‹richtige Gesinnung für die gute Sache› habe ich übrigens meine ganze Karriere lang (schon in meiner Doktorarbeit im Jahre 1989) genug unter Beweis gestellt. Auch gibt es mehr als genügend viele intelligente Frauen, die sich sehr stark gegen das Gendern ausgesprochen haben.

Wann für mich das Fass überlief

Man kann der Meinung sein, den Streit ums Gendern einfach ignorieren zu können. Es egal sein lassen. Dann überlässt man aber einen wichtigen Teil des öffentlichen Raums, an dem wir alle teilhaben, irgendwelchen drittrangigen Denkern, die sich Autoritätspositionen und Entscheidungsbefugnisse erschleichen. Was im Duden-Verlag passiert ist, ist schon ein abschreckendes Beispiel. Die aktuelle Debatte um den öffentlich-rechtlichen Rundfunk (NB: Rundfunk, der mit unserem Geld finanziert wird) illustriert es ebenso.

Ja, ich habe auch Anderes zu tun, als (sprach-) wissenschaftliches Grundwissen aufzuschreiben. So denken viele. Aber eine solche Zurückhaltung ist demokratisch nicht sehr verantwortungsvoll.

Ich habe gezögert, diese Webseiten zu schreiben, bis ich vom Genderaktivismus persönlich angegriffen wurde.

Ich will nämlich Herr über meine eigene Sprache sein. Ich habe das Recht darauf – auch wenn z.B. meine Worte irgendwo in einem Protokoll zusammengefasst werden. An meiner Universität lief seit langer Zeit die Suche nach einem neuen Professor, weil mein Kollege in den Ruhestand gegangen war. In einer Sitzung unserer Abteilung habe ich gefragt, was aus den kurz zuvor zu einem Gespräch eingeladenen drei Kandidaten, die sich um die Stelle beworben hatten, geworden war. Später war im Protokoll der Sitzung zu lesen, ich hätte nach den «drei Kandidat*innen» gefragt.

In der nächsten Sitzung habe ich gesagt, dass ich nichts von gegenderter Sprache halte und habe darum gebeten, den Text des Protokolls zu ändern. Der Kollege aus einem anderen Institut, der das Protokoll geführt hatte, weigerte sich, das zu tun. Als ich fragte, warum meine Worte verdreht wiedergegeben werden sollten, wich er aus und gab als lahmes Argument, es solle «aus stilistischen Gründen» einheitlich so bleiben, weil er überall gegendert hatte.

Alle drei Kandidaten waren übrigens Männer (also nichts mit ‹Sichtbarmachung von Frauen› usw.). In seinem blinden Mitläufertum schaute der Kollege nicht einmal auf die Sachlage, von der die Rede war.

Ich will nicht in einem Protokoll, oder anderswo, als Mitläufer  einer sexistischen, kollektivistischen, autoritären, anti-demokratischen Mode dargestellt werden. Wer andere glauben lässt (wie der oben erwähnte Protokollant: ein Kollege, ein Professor meiner Universität), dass auch ich mitlaufe, respektiert meine Rechte nicht, respektiert mich als Menschen nicht (wie ich oben geschildert habe).

Um Bertolt Brecht zu zitieren:

Nicht einmal den Kampf vermeidet
Wer den Kampf vermeiden will: denn
Es wird kämpfen für die Sache des Feinds
Wer für seine eigene Sache nicht gekämpft hat.

Deshalb diese Seiten, auf denen ich erkläre, warum ich nicht gendere, und warum niemand das tun sollte.

Ein Wort an meine Kritiker

Garantiert wird es Leute geben, die die Beseitigung jeglicher Art von Diskriminierung zu ihrer Lebensaufgabe gemacht haben (was an sich nicht verkehrt ist) und gerne in mir einen Feind sehen (was verkehrt ist), weil ich nicht sofort und unkritisch fleißig und begeistert in ihrer Verwendung von Gendersprache mitmache. Weil ich nicht mitmache, wird es Kritiker geben, die mir bescheinigen, ein reaktionärer, unaufgeklärter, ewiggestriger, patriarchaler Mann zu sein, der die Zeichen der Zeit nicht erkannt hat (oder so was).

Oder noch besser: ich sei ‹rechts›. (Im heute modischen Sprachgebrauch bedeutet dieses Wort anscheinend: ‹mit guter Begründung gegenüber irgendwelchen pseudo-progressiven Leuten nicht unterwürfig sein›.) Das Gendern ist aber auf jedem Fall nicht links (eher genau das Gegenteil), wie auch Ralf Vogel, Professor für germanistische Linguistik an der Universität Bielefeld, in seinem Artikel «Ist Gendern links?» klar dargestellt hat.

Solche Kritiker haben in mir den falschen Feind gewählt, denn ich will genau das: die Beseitigung von Diskriminierung und die Würdigung von Frauen für das, was sie individuell sind. Das war jahrelang auch mein Anliegen in meiner Zusammenarbeit mit Feministen in Indien, wo es in diesem Bereich noch viel ernstere Probleme als hierzulande gibt. Eine verstärkte Wahrnehmung und Anerkennung des Individuums erreicht man nicht durch ein verstärktes kollektivistisches Denken. Auf diesen Webseiten sage ich, was die Gendersprache-Aktivisten falsch machen und warum es falsch ist, und ich schlage vor, wie man es besser machen kann (und warum).

Wir müssen uns damit abfinden, dass es immer Diskriminierung in verschiedenen Formen geben wird, einfach weil die Ursache bleibt. Die Ursache ist Dummheit: die Dummheit, den individuellen Menschen nicht für das anzuerkennen, was er ist. Es gibt keinen Grund, anzunehmen, dass es irgendwann keine dummen Menschen mehr geben wird. Das Einzige, was die Nichtdummen tun können, ist dafür zu sorgen, dass die dummen Kollektivisten keine bleibenden Schäden anrichten. Auch das Gendern ist ein schädlicher Fehler, und zwar aus mehreren Gründen, wie wir das sehen werden – auch weil es auf kollektivistischer Diskriminierung basiert (obwohl die Befürworter dies verneinen; aber eine einfache Analyse beweist das Gegenteil) und der seit langem etablierte Sprachgebrauch nicht (obwohl sie dies ebenfalls verneinen; aber die Beweise sagen Anderes). Man muss es nur erkennen. Durch Kenntnis von Tatsachen und einfache Gedankenexperimente geht das.

Sehr vieles in der Pro-Genderspache-Propaganda basiert auf Unwahrheit, Pseudo-Wissenschaft, billiger und falscher Möchtegern-Progressivität, Unwissen, Bluff, autoritärer Anmaßung, Eitelkeit und Verlogenheit. Wo die überhebliche Aufdringlichkeit der Aktivisten allzu krass wird, habe ich es mir erlaubt, das auf diesen Seiten ein paar Mal im Geiste des indischgebürtigen Autors Salman Rushdie (den ich ganz oben zitiert habe) zum Ausdruck zu bringen.

(Stand: 23.4.2024)
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  1. Wer nicht über die Empfindlichkeit solcher sprachlichen Themen überzeugt ist, sollte sich in die Geschichte nationalistischer Bewegungen in der gesamten Welt einlesen.↩︎

  2. Die unterschwellige Botschaft war: «du darfst nicht mitreden und mitentscheiden, denn du kannst nicht einmal vernünftig reden. Und wir (ohne dich) entscheiden darüber, was ‹vernünftig› ist.».↩︎

  3. Man lese seinen Artikel «Das Märchen vom Gendersterntaler»: https://www.berliner-zeitung.de/wochenende/gendern-ist-eine-sprachliche-katastrophe-li.158476.↩︎

  4. Siehe den Artikel «Vom Gendern zu politischen Rändern», in der Neue Zürcher Zeitung: https://www.nzz.ch/feuilleton/gendergerechte-sprache-die-diskussion-ist-politisch-vergiftet-ld.1567211↩︎

  5. Josef Bayer, «Seit wann ist Sprache gerecht?» https://www.achgut.com/artikel/seit_wann_ist_sprache_gerecht. Einige Grundanschauungen der sogenannten «feministischen Linguistik» werden in diesem Artikel kritisch zerlegt.↩︎

  6. «Sprache hat nicht die Funktion, Gerechtigkeit abzubilden» https://www.uni-muenster.de/news/view.php?cmdid=12807.↩︎

  7. Die Regierung des Freistaates Bayern hat sich zu dieser verwerflichen Praxis explizit geäußert: Lehrpersonal darf Prüflinge, die keine sogenannte «gendergerechte Sprache» benutzen, nicht mittels schlechterer Benotungen dazu nötigen, ihre Sprache zu ändern. Am 19.3.2024 machte die bayrische Regierung die wirklich progressive Ankündigung, das Gendern in gewissen gesellschaftlichen Bereichen zu untersagen.↩︎

  8. Dies kann zwar in einigen Medien so aussehen; aber die «gendergerechte Sprache» wird durch eine Mehrheit in der Bevölkerung abgelehnt.↩︎

  9. Webster’s New World Dictionary of the American Langauge. Second College Edition. New York: Prentice Hall Press, 1986. In der Online-Version des Webster ist die wichtige sprachgeschichtliche Zusatzbemerkung leider nicht mehr aufgenommen.↩︎

  10. Oder, was näher an diese Sache herankommt: Als ob wir im kommunistischen China sind und etwas gegen den Großen Vorsitzenden Mao sagen.↩︎