Gendersprache


Die Mitläufer: «Warum nicht gendern?»


Abschnitte auf dieser Seite:

Warum laufen manche mit?

Man kann das übliche Mitläuferargument ins Spiel bringen: «warum nicht gendern, wenn wir andere dadurch glücklicher machen? Warum nicht einfach ‹nett› sein und mitmachen?»

Wieder andere haben Angst, ausgegrenzt zu werden oder berufliche oder studentische Nachteile erleiden zu müssen, weil irgendwelche Vorgesetzten, Dozenten oder sonstwie einflussreichen Personen, vor denen man meint, Angst haben zu müssen (oder bei denen man meint, irgendwelche Vorteile erhaschen zu können), einen dazu nötigen, sich zu unterwerfen und mitzumachen. Solche Nötigungen können schleichend und getarnt in Erscheinung treten, z.B. in Form von ‹Empfehlungen› oder ‹Vorbildern› von mächtig scheinenden Personen oder Instanzen (siehe unten, im Zitat von Ralf Vogel).

Man hat natürlich die Freiheit, keine eigenen Meinungen zu haben, nie Kritik zu äußern und mit der ersten sich anbietenden lärmenden Gruppe mitzulaufen, weil es ‹cool› scheint, oder weil man glaubt, dem Nachbarn dadurch ein Gefallen zu tun, auch wenn man nicht versteht oder verstehen will, warum. Aber bloß dadurch, dass man mitläuft, ist man kein guter Mensch. Eher ein softer Feigling. Und das ist gar nicht nett. (Und vergessen wir auch bitte nicht, dass jede Diktatur, groß oder klein, auf welcher Ebene auch immer, auf Mitläufertum basiert. Unkritisches Mitläufertum ist immer gefährlich.)

Argumente gegen das Gendern gibt es genügend. Das Gendern ist

Meines Erachtens reicht das als Begründung, nicht mitzumachen.

Man könnte die Sache auch verharmlosen und ignorieren, aber das wäre verantwortungslos. Wenn man nur kurz über die Konsequenzen nachdenkt, sieht die Sache anders aus. Das fälschlich als ‹progressiv› dargestellte, aber eigentlich rückwärtsgewandte Gendern muss gesehen werden als Teil einer identitätspolitischen Strömung, die mit dem amerikanischen Wort «Wokeness» bezeichnet wird. Sie arbeitet mit derselben fehlerhaften Art der Argumentation. Das wirklich Gefährliche dabei ist

Das Gendern ist Teil einer zeitgenössischen modischen Tendenz, Objektivität gegen subjektives Wunschdenken, und wohl überlegtes, rationales Diskutieren gegen arrogantes Geschrei und autoritären Zwang einzutauschen. Es ist zutiefst undemokratisch.

Sehr lesenswert ist auch der großartige Artikel «Ist Gendern links?» von Ralf Vogel (Professor für germanistische Linguistik an der Universität Bielefeld). Seine Antwort auf die Frage im Titel lautet: «nein».

In Anlehnung an Rosa Luxemburg sieht Vogel sprachliche Progressivität im Prinzip «Freiheit ist immer die Freiheit des Anderssprechenden». Hierzu sagt er:

Ist das Rosa-Prinzip ein linkes Prinzip? Ich würde denken, ja – eines von vielen natürlich, aber wer sich nicht daran hält, kann eigentlich nicht für sich beanspruchen, links zu sein. […] Das Rosa-Prinzip hat eine weitere Konsequenz: Wer die Ausdrucksweise eines anderen nicht akzeptiert, versucht sich über ihn zu stellen. Da die Abschaffung von Herrschaftsverhältnissen zwischen Menschen ein linkes Ziel ist, ist diese Selbsterhöhung wiederum nicht links. […] Grundsätzlich, und das ist beim Gendern auch so, versucht hier eine Minderheit, der Mehrheit ihr Sprachgefühl aufzuzwingen: […] Wir sehen, wie hier ein Machtspiel beginnt, im Zuge dessen die Sprecher des Deutschen lernen sollen, ihren eigenen natürlichen sprachlichen Intuitionen zu misstrauen (eine Art „Gaslichtern“). Wer sich darauf einlässt, wird abhängig von den Empfehlungen von Experten, also den Aktivisten, und plötzlich verwandelt sich die gemeinsame Sprache von einem Allgemeingut quasi zum Eigentum einer selbsternannten „sprachsensiblen“ Sprachelite, die künftig über richtig und falsch in der Sprache bestimmt. […] Das Gendern wurde zu einem sprachlichen Parteiabzeichen. Die Gleichstellungsbüros öffentlicher Institutionen verfassen Sprachratgeber, die als Empfehlungen tarnen, was mit empfindlichen sozialen Sanktionen bewehrt einer Forderung nach unbedingtem Sprachgehorsam entspricht.

(Meine typografischen Hervorhebungen.)

Das Gendern hat keine wissenschaftliche Begründung und ist bloß eine politische Geste. Durch diese Geste zeigt man eine gewisse Gesinnung, und zwar eine, die die Würde des Individuums ablehnt. Diese Ablehnung zeigt sich darin, dass man jeden Menschen bloß als Mitglied dieser oder jener echten oder fiktiven Gruppe und als Opfer betrachtet (egal, ob der jeweilige Mensch das will oder nicht), und nicht als konkreten, vielseitigen, sich selbst bestimmenden Menschen, der im freien, respektvollen Austausch mit anderen, gleichberechtigten Menschen das Leben gestaltet (im Fall des Genderns: man wird auf das Geschlecht reduziert). Diese Gesinnung ist zutiefst anti-modern, weil dieses reaktionäre Gruppendenken in Wesen menschenverachtend ist.

Um eine Parallele aus der Geschichte zu erwähnen: Wer gendert (d.h. das ‹sprachliche Parteiabzeichen› von sich gibt, wie Prof. Vogel im obigen Zitat sagt), ist wie einer, der in den 30er-Jahren den Hitlergruß brachte – auch wenn er selber offiziell kein Nazi war oder gar nicht über den Nationalsozialismus nachgedacht hatte, bloß weil ‹alle› das machten und es als ‹progressiv› und ‹modern› galt. Und (um zur Frage oben auf dieser Seite zurückzukehren): das war gar nicht ‹nett›.

Die Verwendung der Gendersprache ist ein Sichbekennen zu, oder mindestens Einknicken vor, einer üblen politischen Ideologie, die sich mittels Pseudowissenschaft zu rechtfertigen versucht.

Also gendere ich nicht.

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  1. Achten Sie auf das Benehmen eifriger Genderer, wenn diese auf entscheidungstragenden gesellschaftlichen Stellen sind: Lehrer, Hochschullehrer, Vorgesetzte in Firmen, Politiker u.a.↩︎