Gendersprache
Was sind Generika, und sind sie wichtig?
“If it ain't broke, don't fix it.”
(«Falls es nicht kaputt ist, dann solltest du es nicht reparieren. – englisches Sprichwort)
Abschnitte auf dieser Seite:
- Was ist das Problem?
- Was sind Generika?
- Nur biologische Männer?
- Warum gibt es überhaupt Generika?
- ‹Meine Frau ist Journalist›
- Feminina: Die Ausschließung von Männern
- Das Weibliche ist das Besondere, deswegen spezifisch
- Protest von der wirklich feministischen Seite
- Die indogermanische Sprachfamilie
- Zusammenfassung
Die Befürworter des Genderns hassen vor allem viele sogenannten Generika, d.h. Wörter, die geschlechtsneutral sind. Aber erstens ist an generischen Wörtern nichts verkehrt (im Gegenteil, wie wir gleich sehen werden), also betrifft es ein künstliches Nicht-Problem, und zweitens bieten die Genderer keine befriedigende Lösung zu diesem Nicht-Problem.
Zuerst eine Definition. Das Wort ‹generisch› bedeutet (laut DWDS, dem Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache):
(Sprachwissenschaft) verallgemeinernd gemeint, die Gesamtheit betreffend, nicht differenzierend
Kollokationen: als Adjektivattribut: das generische Maskulinum, Femininum; generische Begriffe1
Generische Wörter sind also inklusiv und beziehen sich auf alle Menschen. Genau wie das Wort ,Mensch‘. Dass das Wort ,Mensch‘ im Deutschen das grammatisch männliche Geschlecht hat (genau wie ,Person‘ grammatisch weiblich ist), ist egal. Alle Menschen werden mitgemeint.
Experiment: Wenn wieder jemand sich über das ,generische Maskulinum‘ beklagt, fragen Sie ihn, was die Bedeutung des Wortes ,generisch‘ ist. Das kann lustig werden.
Was ist das Problem?
Generische Ausdrücke sind also solche Ausdrücke, die nicht geschlechtsspezifisch sind. D.h. dass unabhängig vom rein grammatischen Geschlecht oder was auch immer, alle Menschen angedeutet werden, von denen ein Merkmal durch das Wort zum Ausdruck gebracht wird. So ist z.B. laut dem DWDS ein ,Leser‘
a) jmd., der gerade etw. liest, ein Lesender: ein aufmerksamer, kritischer, vertiefter L. lieber L.! Anrede des Autors an den Lesenden; Unbekannter Leser! Nicht ohne zuvor die geläufige Feder beiseite gelegt und mich durch einiges Nachdenken gesammelt zu haben … Th. Mann 8,313 (Krull); veraltend der freundliche, geneigte L. b) jmd., für den ein Buch oder ein anderes Druckerzeugnis bestimmt ist: neue L. gewinnen; er ist L. einer Bibliothek; die Zeitschrift führte mit ihren Lesern eine Aussprache über aktuelle Probleme herbei;2
und ,jemand‘ – wie jeder vernünftige Benutzer der deutschen Sprache weiß – kann ebenfalls jeder mögliche Mensch sein: Frau, Mann, Kind, Greis, Riese, Zwerg, usw. usf.
Wer etwas gegen generische Ausdrücke hat (d.h. gegen solche Ausdrücke, die geschlechtsunabhängig sind, was die Angedeuteten betrifft, aber wegen grammatischer Regeln der deutschen Sprache das eine oder andere grammatische Geschlecht haben), denkt sexistisch. Das sind Leute, die ständig zwischen Weiblein und Männlein unterscheiden (und man fragt sich, warum. Hierauf werden wir später eingehen).
Was sind Generika?
Generika sind grundsätzlich eine gute, humanistische Sache. Es muss möglich sein, über Menschen zu sprechen, ohne ständig auf das Geschlecht (oder sonstige nicht relevante Merkmale) zu verweisen, und hierzu gibt es die Generika. Und die deutsche Sprache kennt viele solche Wörter.
Es gibt grammatisch sächliche Generika, wie das Mitglied, das Individuum, das Personal. Diese können Frauen und Männer bezeichnen.
Es gibt grammatisch weibliche (feminine) Generika, wie die Person, die Lehrkraft. Diese können Frauen und Männer bezeichnen.
Es gibt grammatisch männliche (maskuline) Generika, wie der Arbeiter, der Journalist, der Mensch. Auch diese können Frauen und Männer bezeichnen.
Sehr viele Nomina agentis oder Agensnomina (Substantive, die handelnde Personen andeuten) sind grammatisch männlich, weil die Endungen -er, -or und -ist grammatisch männlich sind und diese Endungen sogenannte produktive Endungen sind. Das heißt, dass jeder Sprecher nach Belieben ein neues Wort mit diesen Endungen kreieren kann und sofort von anderen verstanden wird. Genau wie man mithilfe der Endungen -heit und -keit neue Wörter für abstrakte Begriffe machen kann (die grammatisch weiblich sind. Warum ‹weiblich›? Ist halt so. Die Erklärung lesen Sie hier im Artikel von Prof. Dr. Olav Hackstein3).
Es gibt aber auch Wörter, die von diesen generischen Wörtern abgeleitet sind (mithilfe einer Zusatzendung), nicht generisch sind und ausschließlich weibliche Personen bezeichnen. Diese Wörter sind meistens an der sekundären Endung -in zu erkennen. (Weiter unten gibt es hierzu mehr.)
Gilt dies auch für Wörter auf -or, wie ‹Professor› und ‹Doktor›? Sicher. Wir sprechen ja von ‹Frau Doktor Schmidt›, ‹Frau Professor Müller›, usw.
All diese Generika wurden sehr viele Generationen lang vollkommen ohne Bedenken verwendet, bis neulich einige sich ‹Feministen›4 nennende Personen verkündeten, dass jene Wörter keine Generika sind, sondern ausschließlich männliche Personen andeuten (wie auch in der neuen Ausgabe des Duden behauptet wird).
Halten wir auch noch fest, dass jene angeblichen Feministen ständig vom «generischen Maskulinum» reden. (Anderswo werde ich besprechen, warum solche Personen, die die angeblich «gendergerechte Sprache» propagieren, nach meiner Meinung keine wirklichen Feministen sind. Interkontinental scheinen jene deutschsprachigen ‹Feministen› in einer isolierten Blase zu leben: auf einem selbstgerechten deutschsprachigen Sonderweg, die nicht zum angeblichen Ziel führen kann.) Richtiger wäre es, vom männlichen oder maskulinen Generikum zu reden – wie z.B. ‹Person› ein weibliches Generikum, und ‹Individuum› oder ‹Mitglied› ein sächliches Generikum ist. Funktionell geht es nämlich gar nicht darum, dass solche Wörter grammatisch männlich, weiblich oder sächlich sind (genau wie es nichts ‹Weibliches› an einer ‹Tür› oder ‹Sächliches› an einem ‹Mädchen› gibt), sondern dass jene Wörter generisch, d.h. geschlechtsneutral sind. Sie sind also Generika, die grammatisch männlich, weiblich oder sächlich sein können.
Warum wird hartnäckig vom «generischen Maskulinum» geredet? Ganz so unschuldig ist dies nicht. Wir haben bei den Beschwerden über das ‹generische Maskulinum› zu tun mit einem Fall von ‹Framing›, wie es auf Neudeutsch heißt. «Generisches Maskulinum» klingt nämlich ein bisschen böse: als ob irgendwas Männliches brutal patriarchalisch zur alleinigen Allgemeinheit erklärt worden ist. Wie Hackstein aber erklärt hat, haben die grammatischen Geschlechter (auch) abstraktere Funktionen, woran nichts Bösartiges ist.
Wie auch Prof. Peter Eisenberg in seinem Artikel «Weder geschlechtergerecht noch gendersensibel» schreibt: «Der Verbstamm liefert die Tätigkeit, das Suffix -er liefert den Bedeutungsanteil "Person".» Also nicht einen Bedeutungsanteil ‹Mann›.
Diese Darstellung des bösen generischen Maskulinums, dieses ‹Framing›, passt aber gut zu vulgärfeministischen Vorstellungen über das üble ‹Patriarchat›. «Maskulines Generikum» klingt ganz anders: etwas Generisches, das irgendwie grammatisch männlich ist – und dies ist eben das Richtige, wie oben erklärt worden ist. Etwa wie ‹Apfelsine› oder ‹Schönheit› grammatisch weiblich ist. Ist halt so. Deswegen ist «maskulines Generikum» eine viel bessere Bezeichnung des sprachlichen Phänomens. (Wir werden später aber auch besprechen, dass es in dieser Sache des Genderns im Grunde gar nicht um ‹Gerechtigkeit› geht.) Wer über das «generische Maskulinum» spricht (und nicht über das maskuline Generikum) geht also eigentlich, vielleicht ohne sich dessen bewusst zu sein, den Genderaktivisten auf den Leim und spielt nach deren Regeln.
Ein lustiges Experiment für Sie: Wenn wieder mal ein eifriger Gendermissionar Sie angendert und vom «generischen Maskulinum» spricht, fragen Sie doch, warum er nicht «maskulines Generikum» sagt, sprechen die oben von mir beschriebene Begründung aus, und schauen Sie mal, was passiert. (Sie können auch, mit dem auf diesen Seiten angebotenen Material in der Hand, direkt fragen, warum der Aktivist überhaupt gendert5. Bestimmt wird es ein lustiges Gespräch.)
Es fehlen für die Behauptung, dass die deutsche Sprache strukturell frauenfeindlich sei, die geschichtlichen Belege. Auch stimmt sie nicht mit der aktuell etablierten Sprachverwendung überein.
Nur biologische Männer?
Kurz zurück zum Duden, der seit kurzem behauptet, dass die auf -er endenden, grammatisch männlichen Generika nur biologische Männer bezeichnen. (Etwa 12.000 Wörter im Duden sollten plötzlich von Aktivisten im Verlag so umdefiniert worden sein.) Dr. Ewa Trutkowski, Sprachwissenschaftlerin am Leibniz-Zentrum Allgemeine Sprachwissenschaft in Berlin, sagt dazu: «Duden [missbraucht] hier seine ihm häufig zugeschriebene Deutungs- und Definitionshoheit über die deutsche Sprache, um eine wissenschaftlich einseitige Sichtweise zu propagieren und die generische Lesart maskuliner Nomen formal verschwinden zu lassen.» Und weiter:
So wie die Duden-Redaktion die Definitionen und Einträge von Personen- und Berufsbezeichnungen aktualisiert hat, haben die entsprechenden Lexeme mit maskulinem Genus wie Schüler oder Mieter nur noch die spezifisch männliche Interpretation. Das bildet jedoch nicht die Sprachwirklichkeit ab. Maskulina wie Lehrer, Schüler, Mieter etc. besitzen neben dieser spezifisch männlichen Interpretation auch eine geschlechtsabstrahierende, „generische“ Lesart. Das ist *ein ganz wesentlicher Bedeutungsaspekt dieser Nomen, der in den neuen Duden-Definitionen jedoch unterschlagen wird.6
(Auf meiner Seite über den Duden lesen Sie hierüber mehr. Irgendwann verlieren die Menschen ihr Vertrauen in Personen und Instanzen, die sich von der Wirklichkeit verabschieden.)
Warum gibt es überhaupt Generika?
Warum gibt es überhaupt Generika? Einfach weil es oft (sehr oft; eigentlich meistens) vollkommen egal ist, ob eine irgendwie handelnde Person als zum männlichen oder weiblichen Geschlecht gehörend gedacht wird. So ist es mir herzlich egal (und Ihnen wahrscheinlich auch), ob ein Mann oder eine Frau mir ein Brot verkauft: ich will einfach ein gutes Brot. Habe ich die Wahl zwischen einem weiblichen Zahnarzt, der gute Arbeit leistet, und einem männlichen, der ein Pfuscher ist, dann wähle ich natürlich den weiblichen.
Jetzt passen Sie auf, was ich im vorherigen Satz gerade gemacht habe. Ich schreibe von einem weiblichen und einem männlichen Zahnarzt. Wichtig ist, dass ich diese zwei hypothetischen Menschen (der eine ist eine Frau, der andere ist ein Mann) in dieser meiner Mitteilung unter einem Begriff fasse, der mit einem Wort wiedergegeben wird. Beide sind Zahnarzt. Sobald ich ‹Zahnärztin› schreibe, ist damit ausschließlich eine weibliche Person gemeint. Ich kann nicht sagen «Günther ist Zahnärztin», wenn Günther keine Frau ist.
Solche abgeleitete weibliche Formen sind keine Generika, sondern Spezifika: sie deuten ganz spezifisch auf weibliche Personen und können nicht auf Männer deuten. Ich kenne aber mehr als eine Frau, die sagt: «ich bin Arzt», oder «ich bin Journalist», usw. Die abgeleiteten weiblichen Spezifika blenden Männer aus, dienen also der Ausschließung von Männern (s. unten). Eine Frau, die sich mit Männern vergleicht, oder die z.B. undifferenziert über Fachkollegen beider Geschlechter sprechen will, hat deshalb große Probleme mit Gendersprache.
Das männliche Generikum hat die Eigenschaft (s. auch das Zitat von Dr. Trutkowski, oben), dass es auf eine männliche Person hindeuten kann, aber nicht hindeuten muss. Das ist halt so, denn alle Menschen werden mitgemeint, auch männliche Personen. Dies macht sich vor allem im Plural bemerkbar – ‹bemerkbar› wenn man darüber nachdenkt: was man meistens nicht tut, und man muss das auch nicht tun.
Denken wir z.B. an den Marienplatz in der Innenstadt von München: ein Platz, wo praktisch keine motorisierten Fahrzeuge zu sehen sind, außer Lieferwagen für die dortigen Geschäfte, weil er eine Fußgängerzone ist. Jetzt stellen Sie sich den Marienplatz ganz konkret und bildhaft vor und fragen sich, wie viele Frauen sie sehen. Jetzt müssen Sie sich fragen, ob Sie in Ihrer Vorstellung etwas falsch gemacht haben, weil gerade gesagt wurde, dass der Marienplatz eine Fußgängerzone ist und das Wort «Fußgänger» grammatisch männlich ist. Sind die weiblichen Fußgänger ausgeschlossen worden? Sollte der Marienplatz eine ‹Fußgängerinnen- und Fußgängerzone› genannt werden? Oder eine ‹Fußgänger*innenzone›? Ändert sich dadurch etwas an jenem Platz? Haben Sie je irgendwo eine Fußgängerzone gesehen, die nicht von Frauen betreten wurde?
Schon mit diesem einen kleinen Gedankenexperiment ist bewiesen, dass die Beschwerden der Befürworter des Genderns über das maskuline Generikum unbegründet sind. Wir kommen auf der Seite über Wissenschaft hierauf zurück.
Wie Matthias Politycki in seinem Mein Abschied von Deutschland schreibt7:
Wir können die Geschichte unserer Sprache nicht umschreiben, das generische Maskulinum ist nun mal kein generisches Femininum. Gerade weil es Menschen nicht nach ihren sexuellen Zuordnungen abbildet, sondern nach Funktionen und Kompetenzen, macht es Frauen wie Männer auf ebenbürtige Weise sichtbar. Man muß es nur wieder erkennen wollen.
‹Meine Frau ist Journalist›
Zurück zum ‹Arzt› usw. Die folgenden beiden Sätze haben unterschiedliche Bedeutungen:
(a) Meine Frau ist die meist gelesene Journalistin Deutschlands.
(b) Meine Frau ist der meist gelesene Journalist Deutschlands.
Satz (a) bedeutet: unter allen Frauen, die in Deutschland in der Journalistik arbeiten, ist meine Frau die meist gelesene.
Satz (b) bedeutet: unter allen Menschen, die in Deutschland in der Journalistik arbeiten, wird niemand mehr als meine Frau gelesen.
So funktioniert das inklusive Generikum. Und das ist gut so.
In Satz (b) sind alle Menschen mitgemeint, auch Männer. In Satz (a) sind ausschließlich Frauen gemeint, denn durch die zusätzliche Endung -in werden Männer ausgeschlossen. Unten werden wir sehen, wie dies funktioniert.
Die Befürworter des Genderns möchten gerne, dass ich etwas sage wie «Meine Frau ist die meist gelesene unter allen Journalistinnen und Journalisten Deutschlands», oder «Meine Frau ist die meist gelesene Person unter all jenen, die in Deutschland in der Journalistik arbeitstätig sind». Oder mit der Erfindung der männerfeindlichen Neufeministin Luise F. Pusch (über die später mehr) mit dem verwirrenden Knackslaut.
Falls jetzt irgendein*e deutschnationale*r Klugscheißer*in meint, dass ich es falsch verstehe, weil ich ein Ausländer bin, dann muss ich sagen: ich bin nicht allein. Oben habe ich schon Politycki zitiert. Oder nehmen wir z.B. Peter Eisenberg, emeritierten Professor für Deutsche Sprache der Gegenwart an der Universität Potsdam, in seinem Artikel «Unter dem Muff von hundert Jahren. Jetzt knickt auch noch der Duden ein: Die Anhänger des sprachlichen Genderns wollen uns Vorschriften machen, kennen aber die Sprachgeschichte nicht» in der FAZ8:
Nun zum wohl bestgehassten Begriff der Genderlinguistik. Luise Pusch hat ihn früh stigmatisiert mit Formulierungen wie „Kurz, der wahre Feind ist das ,generische Maskulinum‘, das zu gebrauchen uns die deutsche Grammatik vorschreibt“. Hauptträger des generischen Maskulinums ist die Agensnominalisierung auf er. Nach Auffassung großer Teile der Genderlinguistik bezeichnet Leser männliche Personen, die lesen, so wie Leserin weibliche Personen bezeichne, die derselben Tätigkeit obliegen. Letzteres trifft zu, Ersteres ist unzutreffend. Mit Leser kann man sich auf männliche Personen beziehen, die lesen, aber es geht auch anders. An dem Satz ,Die meisten Leser von Christa Wolf sind Frauen‘ ist nichts Auffälliges. Dagegen ist der Satz ,Nur wenige der Leserinnen von Christa Wolf sind Männer‘ sinnlos. Er hat im Deutschen keine Bedeutung.
Gerne verweise ich auch auf den Artikel «"Gästin ist abenteuerlich": Duden wird wegen Gendersprache kritisiert»9 im N-TV, wo zu lesen ist:
Die Grammatik-Expertin Professor Gisela Zifonun, die am Institut für Deutsche Sprache in Mannheim gearbeitet hat, warnte bereits 2018 vor einer Abschaffung des sogenannten generischen Maskulinums. "Generisch" bedeutet: Personenbezeichnungen mit grammatisch männlichem Geschlecht wie "der Mieter" sagen nichts über das biologische Geschlecht aus.
"Sprachsystematisch führt ein Total-Verzicht auf maskuline Personenbezeichnungen in geschlechtsneutraler Deutung zu empfindlichen Lücken", schrieb Zifonun im "IDS Sprachreport" und gab ein Beispiel: Wenn ich eine Autorin "eine der wichtigsten Schriftstellerinnen" nenne, ist das ein viel kleineres Lob als zu sagen: Sie ist "einer der wichtigsten Schriftsteller". Denn im zweiten Fall wird die Autorin mit allen Schreibenden verglichen.
Die Mannheimer Linguistik-Professorin Angelika Wöllstein nennt weitere Beispiele: Bei einer Durchsage im Zug "Ist ein Arzt an Bord?" seien nicht nur männliche Ärzte gefragt. Dasselbe gelte für Wendungen wie "zum Arzt gehen" oder "zum Bäcker gehen". Auch bei Wortverbindungen wie "bürgernah" und "Mieterschutz" gebe es keinen Bezug zum natürlichen Geschlecht.
Jede ‹gegenderte› Umformulierung wäre viel umständlicher (versuchen wir doch mal das Wort ‹Bürgermeisterkandidaten› zu gendern: etwa Bürger*innenmeister*innenkandidat*innen? Oder wie gendern wir einen Satz wie «Ärzte und Apotheker behandeln zusammen ihre Patienten»?)10. Auch ist es überflüssig, eben weil das inklusivistische Generikum schon fest etabliert ist. Warum sollte jemand versuchen, dies zu ändern?
Denken wir über das folgende konkrete Beispiel nach. Wenn wir in einem Zeitungsbericht lesen: «Peking beschloss anschliessend Handelsbeschränkungen, erhöhte Zölle und setzte australische Journalistinnen und Journalisten im Land unter Druck» (NZZ, 9.2.2023), dann sollten wir uns fragen: Warum diese Doppelerwähnung? Wäre es überhaupt denkbar, dass die chinesische Regierung z.B. nur männliche Journalisten unter Druck setzt, und die weiblichen Journalisten unbehelligt lässt, oder umgekehrt? Das wäre idiotisch, denn eine Frau kann genau so gut journalistisch arbeiten wie ein Mann. Natürlich wurden alle Journalisten, weibliche und männliche, unter Druck gesetzt. Nur ein verkrampft sexistisch denkender Autor kommt dazu, die Weiblein und Männlein getrennt zu erwähnen (es sei denn, sein Chef – oder seine Chefin? – nötigt ihn dazu). Die Liste solcher albernen Beispiele lässt sich mühelos verlängern.
Wenn jetzt irgendwelche Genderaktivisten behaupten, dass Frauen durch das maskulinum Generikum diskriminiert werden und Frauen «nur mitgemeint» und dadurch «unsichtbar» werden (eigentlich doch eigenartig: wie wird man unsichtbar, wenn man sowieso mitgemeint, also dabei ist? Wie sichtbar will man denn sein?), dann ist das eine Umkehrung der belegten historischen Wirklichkeit, und es wird ein vollkommen künstliches, neues Problem kreiert (genau wie der Duden seine eigenen, neuen ‹Tatsachen› kreiert).
Es ist, als würde ich mich diskriminiert fühlen, wenn man über mich als eine «Person» spricht und zu diesem weiblichen Wort «Person» auch noch durch das Relativpronomen «die» verwiesen wird (wie in: «Dieser Prof ist eine Person, die ich gerne mag»). Würde ich behaupten, dass ich mich deswegen geschlechtlich diskriminiert fühle, dann würde man mir den Vogel zeigen. Mit Recht. Man muss einem Menschen ja nicht in allem recht geben, bloß weil er behauptet, dass er etwas fühlt.
Feminina: Die Ausschließung von Männern
Wenn wir uns also die Geschichte der deutschen Sprache anschauen (welche Wörter wurden wie verwendet, und wie werden sie bis heute noch immer verwendet), dann sehen wir, dass das sogenannte ‹generische Maskulinum›, das man besser männliches Generikum nennt, wirklich generisch ist: Menschen beider Geschlechter werden dadurch bezeichnet. Es ist geschlechtsneutral. Genau wie ‹der Mensch› ein maskulines Generikum ist, d.h. auch eine Frau bezeichnen kann, und ‹die Person› ein feminines Generikum ist, d.h. auch einen Mann bezeichnen kann, und ‹das Mitglied› und ‹das Individuum› sächliche Generika sind.
Hier müssen wir kurz still stehen für ein kleines bisschen sprachwissenschaftliche Analyse. Wir kennen solche eingrenzenden Funktionen auch von anderen Endungen, z.B. vom Verkleinerungssuffix lein im Deutschen (wie in Buch-Büchlein), oder vom Vergrößerungssuffix one im Italienischen (wie in libro-librone). In beiden Fällen haben wir mit einem Gegenstand aus der Kategorie ‹Buch› zu tun, das zusätzlich auch die Eigenschaft der Kleinheit oder Großheit hat; die Endungen lein und one haben eine einschränkende, ausschließende Funktion (alle Bücher, die nicht klein bez. groß sind, werden nicht mitgemeint). Jedes Büchlein ist ein Buch (nämlich: ein kleines Buch), aber nicht jedes Buch ist ein Büchlein. Genau so bedeutet z.B. ‹Studentin› ‹ein Mensch aus der Kategorie Student, mit als einschränkendem Zusatzmerkmal weiblich, also wird kein Mann gemeint›.
Meines Wissens gibt es im Deutschen solche Mechanismen zur Ausschließung von Frauen nicht (ähnlich wie es im Deutschen auch kein Gegenstück zum italienischen Vergrößerungssuffix -one gibt). Will ich aus irgendeinem Grund explizit machen, dass z.B. ein gewisser Student ein Mann und keine Frau ist, dann muss ich ‹ein männlicher Student› sagen.
Die Sprachgeschichte und der etablierte Sprachgebrauch legen nur eine mögliche Schlussfolgerung nahe: In Wirklichkeit ist die Lage also genau das Umgekehrte von dem, was die neuen Pseudofeministen und Gendersprache-Aktivisten behaupten. Das ‹generische Maskulinum› oder maskuline Generikum macht Frauen nicht unsichtbar, sondern deutet auf Menschen im allgemeinen (denn es ist ja generisch). Alle Menschen werden mitgemeint (auch Männer). Erst die abgeleiteten weiblichen Formen, die durch die weitere Hinzufügung einer weiblichen Endung kreiert werden, dienen dazu, die Bedeutung der ursprünglichen Wörter einzuengen und Männer auszuschließen. Dies macht man, wenn aus irgendeinem Grund man nur von Frauen reden will. (Man siehe z.B. auch den Artikel «Sprachen wandeln sich immer – aber nie in Richtung Unfug» von Josef Bayer vom 10.04.2019 in der NZZ11.)
Wenn die schon erwähnte Luise F. Pusch, eine der Mütter der sogenannten «feministischen Linguistik», behauptet, ein Wort wie ‹Sängerin› «symbolisier[t] eine Abhängigkeit vom Mann», dann kann man sich nur am Kopf kratzen. Eine Sängerin singt doch einfach, mit oder ohne Mann, und ist nicht von einem Mann abhängig. So ist auch das Wort ‹Büchlein› zwar vom Wort ‹Buch› abgeleitet, aber ein Büchlein ist an sich da, und ist nicht von einem anderen Buch abhängig, sondern gehört zu einer Unterkategorie der Kategorie von Gegenständen, die wir ‹Bücher› nennen. Im selben Artikel beklagt Pusch sich mit dieser einfältigen, suggestiven, aber historisch und strukturell verfehlten Bemerkung:
Verkürzt gesagt, macht ein männliches Wesen (im Französischen kann das auch ein Hund sein) jede noch so große weibliche Gruppe symbolisch zu einer Männergruppe: 99 Sängerinnen und ein Sänger sind auf Deutsch zusammen 100 Sänger. Die 99 Frauen können selbst zusehen, wo sie geblieben sind.
Verfehlt, denn die 99 Frauen sind nämlich immer Sänger gewesen und sind es immer noch; nur wird die Gesamtgruppe nicht mehr mittels der zusätzlichen Endung -in als exklusiv weiblich dargestellt. Die Bedeutung des neuen, abgeleiteten Wortes ‹Sängerin› ist nicht generisch, denn es ist eben die Funktion der zusätzlichen Endung -in (siehe oben), das neue Wort nicht-generisch zu machen.
Stellen wir uns jetzt einen Haufen von 100 Büchlein vor. Das sind 100 Bücher, die klein sind. Jetzt stellen wir uns einen Haufen vor von 99 kleinen Büchern und einem riesengroßen Buch. Dann können wir nicht mehr von ‹100 Büchlein› sprechen, denn das eine ist kein Büchlein. Alle sind aber Bücher. Also wäre es verfehlt, die zusätzliche Endung für Verkleinerung -lein für den ganzen Haufen zu verwenden.
Auch beklagt Pusch sich folgendermaßen:
„Held ist und bleibt eine Person, die sich durch heldenhaftes Verhalten auszeichnet, egal ob Mann oder Frau“ behauptet Walter Krämer. Wenn dem so ist, wozu braucht es dann überhaupt das Wort „Heldin“?
Die Antwort auf ihre Frage lautet: Braucht man eben nicht, wie germanistische Sprachhistoriker, und auch Sprecher benachbarter germanischer Sprachen wie Englisch und Niederländisch, und auch nüchtern und modern denkende deutschsprachige Frauen wie z.B. Nele Pollatschek und Sabine Rennefanz gezeigt haben.
Ziemlich verdreht ist es, dass Pusch sich hier über ein Privileg beklagt, worauf sie auch verzichten könnte! (Aber das tut sie nicht, offenbar aus rein persönlichen Gründen.) Irgendwie ist es nett, dass es eine zusätzliche Endung -in gibt, um unter Umständen darauf hinzuweisen, dass wir spezifisch mit einer Dame zu tun haben, wenn wir dies irgendwie für wichtig halten. In historisch neuerer Zeit ist dies üblich geworden. Es ist ein weibliches Privileg. Es muss aber nicht sein, und viele Frauen – die wirklich feministischen – lehnen solche weibliche Formen ab, weil sie nicht ständig als Frauen dargestellt werden wollen: sie wollen einfach als Personen oder Individuen mit gewissen eigenen, selbst entwickelten, beruflichen oder sonstigen Fähigkeiten und Leistungen anerkannt werden – sozusagen ohne betreute Frauenquote. Im Englischen ist dies normal, und auch z.B. im Niederländischen sind die weiblichen Spezifika praktisch ganz abgeschafft worden.
Das Weibliche ist das Besondere, deswegen spezifisch
Das Weibliche ist immer das Besondere. Das sieht man in den indogermanischen Sprachen auch daran, dass in der Deklination (in der Beugung der Substantive, Adjektive, Pronomina und Artikel) Maskulinum und Neutrum (männlich und sächlich) einander äußerst ähnlich sind; das Femininum (weiblich) ist deutlich anders. Vergleichen wir z.B. die Flexionen der-des-dem-den und das-des-dem-das und die-der-der-die.
Wörter für unbestimmte Personen, wie ‹wer› oder ‹jemand›, sind grammatisch männlich, weil nicht spezifisch und nicht besonders. Männlich und sächlich (‹Männer und Dinge›, so würde man laut der Logik der «feministischen Linguisten» sagen – die zwischen biologischem Geschlecht und grammatischem Geschlecht nicht unterscheiden können oder wollen) wurden als so ähnlich gesehen, dass z.B. in den romanischen Sprachen in Europa (Französisch, Italienisch usw.) und in manchen der indoarischen Sprachen Nordindiens (wie Hindi) die zwei Geschlechter, männlich und sächlich, zu einem verschmolzen sind (und zwar männlich; sächlich gibt es nicht mehr). So unpersönlich und unmännlich ist das ‹Männliche›.
Deshalb ist z.B. ‹der Arzt› irgendjemand, der die Heilkunde als Beruf hat, und ‹die Ärztin› ist nicht bloß irgendjemand: der Sprecher will als besonders hervorheben (aus welchem Grund auch immer), dass jene Person eine Frau ist. Viele Frauen im ärztlichen Beruf bezeichnen sich selbst als ‹Arzt›. Sie wollen ihre Fähigkeiten betonen, nicht ihr Geschlecht.
Protest von der wirklich feministischen Seite
Schriftsteller und (wahrer) Feminist Nele Pollatschek befürwortet die Abschaffung der verweiblichenden Zusatzendung -in. Gendern ist für sie sexistisch, weil man ständig Frauen kollektivistisch diskriminierend als Frauen markiert, anstatt sie als Individuen zu behandeln. Sie macht dabei ein interessantes und sehr relevantes Gedankenexperiment (ab Minute 12:40 im Video)12:
Stellen wir uns vor, dass es eine einschränkende Endung gibt, wodurch angedeutet wird, dass eine besprochene Person schwul ist, oder eine dunkle Hautfarbe hat, oder Jude ist (Pollatschek gibt als hypothetische Beispiele ‹Ministeri› für einen schwulen Minister, ‹Präsidento› für einen ‹schwarzen› Präsidenten, und ‹Schriftstellerjud› für einen jüdischen Schriftsteller): sofort würde man eine solche Sprache als homophob, rassistisch oder antisemitisch bezeichnen. Aber wenn es um Frauen geht, dann ist es plötzlich in Ordnung, dass ständig das Geschlecht der Person durch eine zusätzliche Endung angedeutet wird? Pollatschek versteht nicht, warum die Gendersprache nicht sofort als sexistisch erkannt wird.
Sie hat natürlich recht. Wer ihre vollkommen logische Argumentation nicht akzeptiert, hat ein Problem, konsequent zu denken, oder kann konsequent denken aber will es nicht – und man fragt sich, warum er es nicht will. Ein guter Grund kann es nicht sein.
Die indogermanische Sprachfamilie
Wie die meisten Sprachen der indogermanischen Sprachfamilie kennt auch das Deutsche das eigenartige Phänomen der grammatischen Geschlechter. Wenige indogermanische Sprachen, wie das Englische, kennen nur noch natürliche Geschlechter (die Übereinkunft zwischen natürlich erkennbarem Geschlecht und sprachlicher Wiedergabe)13. Ein Engländer kann darüber nur den Kopf schütteln, dass im Deutschen oder im Französischen das Wort für ‹Tür› (deutsch Tür, französisch porte) ‹weiblich› ist und man über eine Tür als ‹sie› spricht, denn der Engländer sieht nur ein lebloses Ding, nichts Weibliches. Aber es ist halt so. «Person» ist weiblich, «Mensch» ist männlich, «Individuum» ist sächlich, und all diese Wörter können mich bezeichnen: ich kann unter Umständen also sie, er oder es sein. Irre, vielleicht, aber es ist halt so.
Will man sich nicht an die grammatischen Regeln des Deutschen halten, dann muss man einfach eine andere Sprache sprechen, z.B. Englisch, oder eine der vielen anderen Sprachen der Welt, in denen es dieses eigenartige indogermanische Geschlechtssystem nicht gibt. Das Erlernen der grammatischen Geschlechter, und deren Verwendung, ist lästig, und viele Ausländer tun sich schwer damit (ich spreche aus eigener Erfahrung). Aber mit nur einem kleinen bisschen Hintergrundwissen sieht man ein, dass an den verfemten maskulinen Generika wirklich nichts verkehrt ist. Genau wie man mich, einen Mann, als ‹eine männliche Person› (alles grammatisch weiblich) bezeichnen kann, und auch daran ist nichts verkehrt.
Zusammenfassung
Die wichtigsten Punkte:
- Generika sind geschlechtsneutral, d.h. sie sagen nichts aus über das biologische Geschlecht der durch sie bezeichneten Person (dies ist eben die Bedeutung von generisch)
- In der Regel verwenden Gendersprache-Aktivisten das Wort ,generisch‘ ohne die wirkliche Bedeutung des Wortes zu wissen
- Generika sind wichtig, weil wir Wörter brauchen, die sich auf alle Menschen beziehen können, ungeachtet ihr Geschlecht, ihre Herkunft, ihr Aussehen, ihre Religions- oder Staatsangehörigkeit, ihr was auch immer
- Ohne Generika ist es äußerst schwierig, wenn nicht unmöglich, von Menschen zu sprechen, ohne sie in irrelevante Kategorien zu stecken
- Deswegen sind Generika wichtig um über Individuen zu sprechen in Anerkennung ihrer individuellen Würde (und nicht als Mitglieder dieser oder jener Gruppe / Kategorie). Wer Generika ablehnt, befürwortet eine sprachliche Geschlechtertrennung, eine sprachliche Geschlechts-Apartheid
- Im Deutschen gibt es Generika in allen drei indogermanischen grammatischen Geschlechtern; die meisten haben das grammatisch männliche Geschlecht (‹maskulinum›) wegen einer historischen Funktion des männlichen Geschlechts, wie im nächsten Kapitel erklärt wird
- Die historisch spätere, zusätzliche feminin-machende Endung (im Deutschen in der Regel die Endung -in) hat eine einschränkende Funktion. Die spezifisch weiblichen, abgeleiteten Formen beziehen sich nur auf Frauen und können deswegen nicht generisch verwendet werden, eben weil sie spezifisch, d.h. nicht generisch sind
(Stand: 10.11.2024, mit stilistischen Verfeinerungen von Lesern – wofür mein Dank – und wiederhergestellter Übersicht der Abschnitte)
Nächste Seite: Sprachgeschichte
https://www.dwds.de/wb/wdg/leser Das Wörterbuch von Duden sagt seit kurzem etwas Anderes. Über das dahinter stehende Skandal s. hier und hier.↩︎
Olav Hackstein: «Grammatik im Fegefeuer» – https://zeitung.faz.net/faz/politik/2021-10-18/0e7df16ad81557189f825c9b684a64da?GEPC=s9↩︎
Die Anführungsstriche sind hier bewusst und richtig gesetzt. Die Personen hinter der sogenannten «feministischen Linguistik» bezeichnen sich offenbar als Feministen. Aber wer ist ein Feminist? Ist echter Feminismus nicht das Streben nach Anerkennung der allgemeinen Menschenwürde von Frauen und dementsprechend für deren gerechte Behandlung? Feminismus ist weder die Verneinung von Unterschieden zwischen Männern und Frauen noch das Projizieren von Fantasien auf Frauen, die sie pauschal mehr oder weniger zu Männern macht. Auch ist Feminismus nicht die Umkehrung einer bisher wahrgenommenen ungleichen weil ungerechten Behandlung und fordert keineswegs die Benachteiligung von Männern, denn auch das wäre einfach dasselbe: ungerecht. Gleiche Behandlung erreicht man durch die Tat, durch gleiche Behandlung – und nicht durch das in der Kommunikation sprachliche Hervorheben von Unterschieden und das Verstärken von Ungleichheit (also: Gendern), von denen man verlogen behauptet, dass man sie nicht sehen will.↩︎
Mögliche Szenarien: (a) Sie werden ohne Grund als rückständig verschrieen; aber Sie haben jetzt ja gute Argumente dagegen. (b) «Alle machen das.» Dann können Sie sagen, das nicht «alle» das machen, und sagen, warum es falsch ist. (Sie können auch sagen: Im wirklichen Leben gendert deutlich nur eine Minderheit, und eine große Mehrheit in der Bevölkerung ist dagegen – was stimmt.) (c) Der Gesprächspartner läuft davon. Auch gut. Mit solchen unredlichen Menschen wollen Sie sowieso nichts zu tun haben. (d) «Ich will das nicht.» Dann sagen Sie: Ich will es schon, und zwar aus guten Gründen. (e) «Ich will meine sprachliche Freiheit.» Dann sagen Sie: ‹Ich auch: ich will frei sein, um sprachlich keine Fehler zu machen, wie du sie machst.› (f) Der Gesprächspartner gibt Ihnen recht und hört zu gendern auf. Das ist ideal.↩︎
„Gegenderter Duden: ,Das bildet nicht die Sprachwirklichkeit ab'“: https://www.welt.de/kultur/article223818452/Gegenderter-Duden-Das-bildet-nicht-die-Sprachwirklichkeit-ab.html. Meine typografischen Hervorhebungen.↩︎
Matthias Politycki, Mein Abschied von Deutschland, Hamburg 2022, S. 101.↩︎
https://zeitung.faz.net/faz/feuilleton/2021-01-08/d0acb82250595b7c2ab932d95b5c50e0/?GEPC=s5.↩︎
«"Gästin ist abenteuerlich": Duden wird wegen Gendersprache kritisiert» https://www.n-tv.de/panorama/Duden-wird-wegen-Gendersprache-kritisiert-article22360529.html.↩︎
Und falls jemand behauptet, die deutsche Jugend wolle Gendersprache: das ist eine fette Fehlansage. Auf YouTube gibt es ein witziges Video, das beim 13. Jugendvideopreis Sachsen-Anhalt den 1. Preis gewann, «Politisch korrekt»: https://www.youtube.com/watch?v=Pg3cYNczkSc.↩︎
https://www.nzz.ch/feuilleton/die-geschlechtergerechte-sprache-macht-linguistische-denkfehler-ld.1472991↩︎
3sat: «Krieg der Sternchen - Die Debatte um gendergerechte Sprache», ab Minute 12:40.↩︎
Die bekanntesten modernen romanischen Sprachen haben die ursprüngliche Zahl von drei auf zwei reduziert, weil männlich und sächlich völlig verschmolzen sind. Einige germanische Sprachen sind dabei, die Zahl von ursprünglich drei auf zwei zu reduzieren. So wissen die meisten Niederländer zwar, welche Nomina sächlich sind (die «het-Wörter»), aber oft nicht mehr so gut, welche männlich und welche weiblich sind (die «de-Wörter»), und wenn solche Wörter mittels eines Pronomens substituiert werden, verwendet man der Einfachheit halber für leblose Gegenstände immer «hij» («er»). Niederländischsprachige Belgier wissen durchschnittlich besser, über welche leblose Gegenstände man historisch richtiger mit «zij» («sie») spricht.↩︎